Welche Rolle hat die Vermittlung von Werten im Unterricht gespielt?
Thomas Kleinhenz: Im Religionsunterricht ging es oft um grundlegende ethische Themen wie beispielsweise Gleichberechtigung oder Toleranz. Wir haben uns aber auch mit aktuellen Fragen wie der Gender-Thematik oder dem Klimawandel auseinandergesetzt.
Kann man in diesen Themen Jugendliche überhaupt erreichen, wenn man als Mitarbeiter der katholischen Kirche auftritt?
Ich habe immer versucht, verschiedene Positionen ganz sachlich zu vermitteln, auch die der katholischen Kirche. Was sagt sie beispielsweise zu Suizid oder Sterbehilfe. Gleichzeitig habe ich offen und ehrlich geantwortet, wenn ich von den Schülerinnen und Schülern nach meiner persönlichen Position gefragt wurde. Auch wenn ich damit im Widerspruch zur offiziellen Lehre der Kirche stand. Wie beispielsweise in Fragen zur Gleichberechtigung und zur Sexualität. Mir ging es nie darum, die Jugendlichen von der Haltung der Kirche zu überzeugen. Ich wollte aber auch nicht meine persönliche Meinung durchsetzen. Es ging und geht darum, Jugendliche dabei zu unterstützen, ihren eigenen, verantwortlichen und achtsamen Weg zu finden.
Was haben Sie in all den Jahren gelernt?
Ich spreche offener und ehrlicher meine persönliche Meinung aus. Und ich habe von den Jugendlichen gelernt, ihre Vita ernster zu nehmen, ihre ganz unterschiedlichen weltanschaulichen und religiösen Hintergründe. Irgendwann habe ich beispielsweise bewusst «wir Christen» aus meinem Wortschatz gestrichen und durch «die Christen» ersetzt.
Sie haben über 90 Studienreisen und unzählige Exkursionen organisiert. Ihr Fazit?
Gemeinsam Lebenszeit – sei es Lern- oder Freizeit – zu verbringen und zu gestalten, das spielt in der Wertevermittlung eine zentrale Rolle. Auf den Reisen werden aus Werten wie Toleranz, Achtsamkeit, Verantwortung und Wertschätzung praktische Handlungsfelder. Werte lassen sich hervorragend übers gemeinsame Organisieren, Kochen, Referieren oder Putzen vermitteln.
Als Lehrer sind Sie nun im Ruhestand. Was bleibt Ihnen als Mitglied der Synode ein Anliegen?
Ich werde mich selbstverständlich auch als Synodaler weiterhin für Jugendarbeit und Jugendseelsorge einsetzen. Eine aktuelle Herausforderung sehe ich darin, dass es immer weniger Theologinnen und Theologen gibt, die sich für den Religionsunterricht zur Verfügung stellen. Ein Abschluss in Religionswissenschaft befähigt zwar zum Religionsunterricht, deckt aber die Seelsorge nicht ab. Ich weiss aber aus eigener Erfahrung, dass man in der Arbeit mit Jugendlichen immer wieder auch als Seelsorger gefordert ist. Hier müssen wir sowohl in der Aus- wie in der Weiterbildung und bei der Beauftragung durch den Bischof nach Lösungen suchen, damit wir weiterhin von Mittelschulseelsorge sprechen können.
Ein kurzes Credo zur Wertevermittlung zum Abschluss?
Werte werden vor allem und entscheidend durch Personen vermittelt. Durch ihre persönliche Haltung, ihre Achtsamkeit, ihre Glaubwürdigkeit.