Essen statt mampfen

Leben in Beziehung

Essen statt mampfen

Für unsere Kolumnistin war immer klar, dass sie ihren Kindern gewisse Werte und Anstandsregeln mit auf den Weg geben wollte.

Haltungen, die wir einerseits selbst vermittelt bekamen und die andererseits für uns wichtig geworden sind. Dazu gehören Respekt vor der Natur, Tieren und Mitmenschen und eben die erwähnten Anstandsregeln. Wir sagen immer «Danke» und «Bitte», das Gegenüber nennen wir beim Namen, wir schauen uns in die Augen, wir sagen «Grüezi» und so weiter.

Mit dem Danke- und Bitte-Training haben wir bei beiden Kindern schon früh begonnen. Dass es sehr lange dauern würde, bis sie das verinnerlicht haben und ohne unsere Aufforderung sagen, das hätten wir nicht erwartet. Es war und ist harte Knochenarbeit für uns. Unser 6-jähriger Sohn erinnert sich in 90 Prozent der Fälle – nach immerhin vier Jahren Intensivtraining – an die Zauberwörter und sie kommen ihm ehrlich über die Lippen. Halleluja! – Bei der bald 4-jährigen Tochter bleiben wir am Ball – sie hat noch zwei Jahre.

Das ist allerdings erst der Anfang, denn gute Tischmanieren sind für uns ebenfalls unerlässlich, will heissen: wir essen erst, wenn alle etwas auf dem Teller haben. Wir gehen nicht vom Tisch, bis alle fertig sind. Die Ellbogen werden nicht abgestützt. Es wird nicht geschmatzt wie ein Nilpferd. Wir lassen einander ausreden. Es wird nicht mit vollem Mund geredet und der Mund wird auch nicht bis zum Rand mit Nahrung gefüllt. Was unsere Kinder dennoch gerne tun, als müssten sie immer von neuem testen, welches Fassungsvermögen er hat.

Anständig trinken ist auch so eine Sache. Sie sind gerne versucht, mit dem Wasser zu spielen. Ganz grosse Gefahr droht, wenn im Restaurant oder zu Besuch das Glas mit Strohhalm gereicht wird – quasi ein Freipass für tolle Wasserspiele. Da wird das Wasserglas sehr schnell zum Sprudelbad, bis das Wasser überall ist, nur nicht dort, wo es hinsoll.

Nicht selten kommt es vor, dass wir unsere Kinder während einer Mahlzeit dermassen häufig an unsere Tischmanieren erinnern müssen, dass wir regelrecht zur Tischpolizei mutieren. Und wenn wir nach einer Mahlzeit, bei der wir gefühlt jede Regel mehrmals anmahnen mussten, uns endlich am Ziel fühlen, so liegen wir schon wieder komplett falsch, denn drei Stunden später ist beim Zvieri alles wieder vergessen. Unsere Kinder schauen uns mit gros-sen Augen an, als hätten sie von Tischmanieren noch nie etwas gehört.

Disziplin und Ausdauer werden bei diesem Thema auch zukünftig gefragt sein. Wir werden weiterhin die Tischpolizisten spielen. Aber die Chancen stehen gut, dass sie es spätestens mit 18 verinnerlicht haben und sich die harte und manchmal anstrengende Arbeit für uns ausbezahlt hat.

Text: Barbara Glanzmann