Ein Turm für Katharina

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Ein Turm für Katharina

500 Jahre nachdem Katharina von Zimmern das Fraumünster der Stadt Zürich übergeben hat, steht eine neue Turminstallation an der Seite der Abtei.

Zürich hat einen neuen Turm: 40 Meter hoch, eine temporäre Kunstinstallation aus Stahlgerüsten, umwoben von kupfergrünen Stoffbändern. Es ist der Katharinen-Turm, der zwischen 20. August und 10. Dezember 2024 zwischen dem Fraumünster und dem Stadthaus in den Himmel ragen wird.

Der Turm ist eine Ansage: Er soll, so schreiben die Initiantinnen des Projekts, «die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Präsenz – seit jeher – von Frauen in Stadt und Kanton Zürich manifestieren». So sind auf die Stoffbänder, die die Aussenhaut des Turmes bilden, 500 Namen von Frauen gedruckt, die die Geschichte von Stadt und Kanton gestaltet haben: zum Beispiel Franziska Driessen-Reding, ehemalige Synodalratspräsidentin, und Monika Schmid, ehemalige Pfarreileiterin von Illnau-Effretikon.». Wer ausserdem von der interreligiösen und interkulturellen Projektgruppe unter die 500 ausgewählt wurde, ist auf der Vernissage am 20.  August enthüllt worden, mit der auch das «Katharinen-Jahr» eröffnet wurde.

Auf der dazugehörigen Website sollen mehr und mehr Frauen eine Plattform finden und sichtbar werden. Die 29 Äbtissinnen, die das Fraumünster in den Jahren 853 bis 1524 geleitet haben, tragen symbolisch den Turm. Die Benediktinerinnen haben durch die Jahrhunderte politisch grosse Verantwortung in Zürich getragen – bis die letzte Äbtissin, Katharina von Zimmern, 1524 die Schlüssel der Stadt Zürich übergab, und damit der Reform-ation einen wichtigen Schub verlieh. Heute, 500 Jahre später, wird dieser historischen Tat gedacht, sie wird diskutiert, gefeiert und weitergedacht. Teil dieser Gedenkfeierlichkeiten ist der Katharinen-Turm, der sichtbar machen will, dass Reformationsgeschichte auch Frauengeschichte ist.

Stoffbänder – mit 500 Namen von Frauen, die die Geschichte von Stadt und Kanton gestaltet haben – bilden die Aussenhaut des Turmes. (Foto: Christoph Wider)

Der Katharinen-Turm ist darüber hinaus als Erstehung des ehemaligen Südturms des Fraumünsters gedacht, hatte die Abtei doch bis ins Jahr 1732 zwei fast gleich hohe Türme. Die Entscheidung, den bis heute bestehenden Nordturm zu erhöhen, den Südturm aber in die Fassade zu integrieren und so unsichtbar zu machen, hatte damals auch bauliche Gründe. Die Initiantinnen sehen darin auch eine Relativierung des Ortes, hatte man damit doch das Bauvolumen des Fraumünsters gegenüber dem Grossmünster – mit weiterhin zwei Türmen –  verkleinert. Die Wiedererrichtung eines zweiten Turms am Fraumünster setzt diesen Frauen-Ort der Reformation nun auch baulich in ein Gleichgewicht zum Grossmünster.

Der Katharinen-Turm besteht aus zwei Bereichen: einem jederzeit begehbaren Sockel und einem Turmbereich. Das Projekt ist eine private Initiative, unterstützt unter anderem von Stadt und Kanton Zürich, von der katholischen und der reformierten Kirche im Kanton Zürich. Die temporäre Turminstallation ist gänzlich aus wiederverwertbarem Material gebaut.

Text: Veronika Jehle