Bei einem Kaffee im Schatten der Bäume auf dem Campus Hönggerberg sprachen wir ausführlich über ihre neuen Herausforderungen und das Leben, das sie sich in Kanada aufbaut. Dieses schöne Gespräch hat bei mir Fragen ausgelöst: Was geschieht, wenn ich mein Doktorat abgeschlossen habe? – Will ich weiterhin in der Forschung arbeiten? – Was bedeutet das für mein jetziges Leben?
Das Leben eines Forschers ist in vielerlei Hinsicht aufregend. Aber es kann auch beängstigend sein, nicht nur, weil es sich um einen sehr kompetitiven Beruf handelt, sondern auch, weil die Freiheit, die wir so sehr lieben, einen hohen Preis hat.
Nach der Promotion stehen den Forschenden weltweit nur wenige feste Stellen zur Verfügung. Nicht jeder hat so viel Glück wie meine Freundin, viele ebenso talentierte Menschen leben in ständiger Ungewissheit, fast immer mit befristeten Verträgen, häufigen Umzügen, ständig begleitet von der Frage, wie lange sie es sich noch leisten können, ihre Träume zu verfolgen.
Als ich mein Doktorat an der ETH begann, war ich vor allem von der Faszination angetrieben, die Geheimnisse unserer Welt besser zu verstehen. Diese Motivation ist immer noch da, aber ich muss gleichzeitig gestehen, dass ich damals recht wenig über die Realität des Lebens als Forscher wusste. Heute bin ich mir jeden Tag bewusster, dass ich in einem Kontext existiere und dass es unvermeidlich ist, entscheidende Fragen über die Zukunft zu stellen.
Ich habe das Glück, dass ich mit einigen meiner Kolleginnen und Kollegen gute Freundschaften geschlossen habe. Wir können aus einer gemeinsamen Erfahrung heraus über die Zukunft diskutieren. Dies anzusprechen ist dennoch nie einfach. Die Ungewissheit löst häufig Angst und Unsicherheit aus. Umso schöner ist es deshalb, wenn wir uns nicht von Einsamkeit und Ungewissheit überwältigt fühlen. Wenn wir einander zuhören, können wir uns in die Situation des und der anderen einfühlen, weil wir diese Herausforderung aus erster Hand kennen und spüren. Wir begleiten einander und hören einander zu, auch wenn wir wissen, dass niemand von uns eine Universallösung bereithält.
Mir bleiben noch mindestens zwei Jahre, bis ich eine endgültige Entscheidung treffen muss. Das Gespräch mit meiner Freundin hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich diese Fragen frühzeitig zu stellen. Und wie hilfreich es ist, Ängsten mutig zu begegnen und Träume zuversichtlich zu verfolgen.