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Der Klarinettist George Lewis (1900–1968) war bereits über vierzig Jahre alt, als er über seine Heimatstadt New Orleans hinaus bekannt wurde.

Lewis ging lange vergessen, weil er New Orleans in den 1920er Jahren nicht in Richtung New York verliess. Während der grossen Depression in den 1930er Jahren arbeitete er gar hauptberuflich als Hafenarbeiter.

Erst als der traditionelle New Orleans-Jazz wieder entdeckt wurde, begann die Musikwelt auch George Lewis zu schätzen. Er beeinflusste ab den 1950er Jahren den europäischen Jazz ganz wesentlich.

Das 1953 veröffentlichte Album «Jazz Funeral in New Orleans» enthält einige der grossartigsten Ragtime-Interpretationen von George Lewis. Und es setzt der Jazz-Beerdigung, einer besonders eigenwilligen Tradition seiner Heimatstadt, ein authentisches Denkmal. Kurz darauf wurde der Katholik Lewis zum Pionier für Jazzgottesdienste. 1954 spielte er das Album «Jazz at Vespers» ein. Es ist ein mitreissender, schwungvoller und fröhlicher New Orleans-Jazz, der hier erklingt. Und das zu einer Zeit, in der die Römisch-katholische Kirche sich noch standhaft gegen neue Töne im Gottesdienst wehrte und diese teilweise sogar verbot.

Unter dem Einfluss von George Lewis experimentierte in England der anglikanische Priester Geoffrey Beaumont mit Jugendgottesdiensten, in die er Jazz-Musik einfliessen liess.

Ab 1959 tourte George Lewis mit grossem Erfolg durch Europa. Die tiefe Liebe zu New Orleans– und auch das Heimweh – verliessen ihn jedoch nie.

Text: Thomas Binotto