Seit dem Corona-Lockdown bin ich Besitzer eines Trampolins. Und so ist es dazu gekommen: Während ich vor dem Lockdown jegliche sportliche Tätigkeit eifrigst vermieden habe und stattdessen auf dem Sofa Hochleistungs--Binge-Watching betrieb, löste der Lockdown bei mir ganz unmittelbar einen massiven Bewegungsdrang aus. War nicht länger auszuhalten, dieser Zwang zur Bewegungslosigkeit. Rauf mit dem Puls, runter mit den Pfunden!
Also habe ich mir ein Trampolin besorgt, mit dem ich in meiner Wohnung alles trainieren konnte: Muskeln. Gleichgewicht. Ausdauer. Kardio, Nasenrümpfen.
Seit der Lockdown vorbei ist, steht das Trampolin wieder dort, wo der Sport bei mir hingehört: Im Wandschrank. Und wieder eifern auf meinem Sofa Binge-Watching und Comfort-Binge um die Wette.
Hin und wieder, in seltenen Schwächephasen, hole ich das Trampolin -allerdings aus dem Schrank und denke ernsthaft darüber nach, es weiter einzustampfen. Es kam sogar zu ein paar Off-Corona Trainingseinheiten. Weil gut für die Gesundheit wär's eventuell schon und ganz gewiss hilfreich beim Vertreiben der Scham über meinen überteuerten Corona-Kauf.
In solchen Phasen versuche ich mich jeweils psychologisch zu überlisten. Dann lasse ich das Trampolin möglichst mitten im Durchgangsweg stehen. Weil mir klar ist, dass ich jetzt automatisch zu trampolinen beginne, wo ich mich doch täglich mehrmals daran vorbeiwinden muss. Wer kann da Widerstehen?
Ich! Ich kann! Und mit welcher Eleganz! Traumwandlerisch sicher umtänzle ich die unpraktische Situation, in die ich mich gebracht habe. Fluche nur ganz innerlich, wenn mein Knie wieder mal an dieses verd … Sch … trampolin stösst. Bis ich es endlich gar nicht mehr wahrnehme. Und es wieder im Wandschrank verschwindet.
Mein Leben ist reich an solchen Phasen der Selbsterzüchtigung. Wenn im Kühlschrank nur noch Gemüse liegt, werde ich nie mehr an Schokolade denken! Wenn mein Weg zum Wochenende mit ToDoListen gepflastert ist, werde ich nie mehr einen Termin verpassen! Wenn ich den Hosenbund zu knapp -bemesse, wird das Fett wie von selbst von mir abfallen! Und wenn ich mein Tablet mit einem Passwort aus dreissig Ziffern schütze, dann wird mir die Lust am Binge-Watching im Nu vergehen.
Was aber zum Teufel ist Binge-Watching? – Dauerfernsehen bis zum Umfallen, wenn man denn auf dem Sofa noch umfallen könnte. Und das – immerhin – das habe ich vor, während und nach dem Lockdown mit erfreulicher Konstanz und nachhaltiger Trägheit durchgehalten.