Sie sehnen sich nach Zeiten, in denen Männer noch Mann sein durften, so richtig mit Zoten am Stammtisch und Grabschen nach dem Fröilein. Als sich die Mannheit noch herrlich ungestört an ihrem eigenen Genderwahn erfreuen durfte. So gelesen, bin ich wohl tatsächlich nicht richtig Mann. Und Schuld sind einmal mehr meine Eltern, die das Wort «Servierdüse» bereits vor meiner Geburt -rigoros gecancelt haben.
Verwundert beobachte ich deshalb, wie sich die richtigen Mannsbilder in aller TV-Öffentlichkeit darüber beklagen, dass sie mundtot gemacht würden. Wie sie in die Kamera klönen, dass sie ja gar nichts mehr sagen dürften, weil Mann wegen jeder Harmlosigkeit von Haus und Hof gejagt werde. Und urplötzlich bricht doch noch ein echter Machogedanke in mir auf: Was für Weicheier sind das, die so rumjammern!
Ich kann es nicht genug betonen: Schuld sind meine Eltern. Sie haben mich so erzogen. Herausgekommen ist dabei, dass ich immer häufiger sogar in meinen handschriftlichen Notizen den Genderstern verwende. Und dabei als Sterndeuter auf einen ganz wagemutigen Gedanken komme: Dieser Stern erinnert mich daran, dass jeder Mensch ganz einzigartig Mensch ist. Der Genderstern ist mein Achtsamkeitsstern, der mir den Weg weist: Denke sorgfältig, rede sorgfältig, handle sorgfältig. Und das taugt sogar für den Umgang mit echt richtigen Mannsbildern.
Und wie ist das jetzt mit all den blindwütigen Frauen und diversen anderen Personen, die mich meiner Männlichkeit wegen anklagen? – Ich habe mich in 58 Jahren genau ein einziges Mal als Opfer von Sexismus gefühlt: Als eine Frau in diesem Frühling ein Gespräch damit beendete, dass ich halt ein alter, weisser Mann sei. Dagegen war nichts einzuwenden. Wahr- und ernstgenommen habe ich mich allerdings nicht gefühlt. – Was für eine heilsame Erfahrung! Endlich erhielt ich eine kleine Ahnung davon, was es bedeutet, wenn Menschen allein aufgrund ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe unsichtbar gemacht werden. Und man sie nicht einmal in einem Asterix mitdenken mag.
Zugegeben: Ich gendere immer noch ganz undogmatisch und inkonsequent. Aber weil jedes Menschenkind ein einzigartiges Geschöpf ist, nehme ich den Genderstern bewusst in die Adventszeit mit. Er erinnert mich daran, wie ich möglichst allen Menschen begegnen möchte: mit Wertschätzung, Zugewandtheit, Offenheit, Freundlichkeit. Mit lauter Dingen halt, die mir meine Eltern vor langer Zeit in ihrer «Christenlehre» beigebracht haben.