Kulturen und Generationen verbinden

Reportage

Kulturen und Generationen verbinden

Mit viel Herzblut hat eine Gruppe Freiwilliger rund um die Missione für Italienischsprachige der Region Zimmerberg eine kleine, feine Malbuch-Reihe für die interkulturelle Pastoral geschaffen.

Der heilige Markus sieht gütig und liebenswert aus. Das freundliche Gesicht ist umgeben von einem weissen Rauschebart. Konzentriert schreibt der Evangelist mit seinem Federkiel an der Frohen Botschaft, während ihm ein stolzer Löwe über die rechte Schulter schaut.

Die farbenfrohe Abbildung ziert das Cover des ersten Bandes aus einer vierteiligen Reihe von Mal- und Textbüchern in Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch, die eine Gruppe von fünf Freiwilligen aus der Pastoraleinheit Zimmerberg der Missione Cattolica di Lingua Italiana (MCLI) geschaffen hat.

Die Zeichnung ist eine Mischung aus Comic und realistischer Darstellung, und genauso beschreibt ihr Schöpfer, der Römer Illustrator Simone Barretta, seinen Stil. Diesen hat er seinem Zielpublikum, den Kindern, angepasst. «Für ein Malbuch muss man anders zeichnen, die Darstellungen vereinfachen und Details weglassen», erklärt Barretta. Inspiration sucht und findet er in den Texten, die er illustriert: «Ich mache charakteristische Merkmale aus und wandle sie in ein Motiv um.» Die ersten Entwürfe malt er mit Bleistift, die Bearbeitung der Skizzen erfolgt dann digital.

So sind in den letzten Jahren Hunderte von Ausmalbildern entstanden. Über Don Gábor Szabó, der von 2003 bis 2007 als Vikar in Ladispoli bei Rom gearbeitet hat und dabei das Talent von Simone Barretta entdeckte, kamen sie in die Schweiz: Drei pro Woche erschienen auf der Jugendseite der italienischsprachigen Wochenzeitung für Immigranten «Corriere degli Italiani». Begleitet wurden die Abbildungen von je einem kurzen, für Kinder gut verständlichen Text mit aktuellem und historischem Bezug von Massimo Ruffoni. Die religiösen Beiträge verfasste die Sprach- und Literaturwissenschaftlerin Sara Marchesi, die den Kindern damit die Lehren des Evangeliums spielerisch nahebringen möchte. Die beiden stammen aus Italien, wohnen in Oberrieden und Adliswil und engagieren sich in der MCLI Zimmerberg. «Die Ideen für meine Texte finde ich im Alltag, beim Zeitunglesen, im Internet, beim Fernsehen oder durch meine zwei Kinder», sagt Massimo Ruffoni, der auch Präsident des Pfarreirats der MCLI Zimmerberg ist.  


Aus dem Altpapier gerettet

Es ist schade, wenn diese Arbeiten mit den Zeitungen im Altpapier verschwinden, sagte sich der pensionierte Priester Don Antonio Spadacini und sprach seinen Nachfolger Don Gábor Szabó darauf an. Dieser begann darauf, die Zeichnungen, Meldungen und Informationstexte zu sammeln. «Daraus entwickelte sich unser Buchprojekt», erzählt Don Gábor, der als Seelsorger auch ein Vermittler zwischen den Kulturen und Sprachen ist. Und dafür eignet sich die kleine, im Eigenverlag veröffentlichte Buchreihe optimal. «Ziel ist es, den Dialog zwischen all jenen zu fördern, die in interkulturellen und mehrsprachigen Gemeinschaften leben, ganz gleich wie klein oder gross diese sein mögen», heisst es im Vorwort zum ersten Band mit dem Titel «Zusammen in der Welt mit dem heiligen Markus».

 Mittlerweile ist bereits der zweite Band zum heiligen Lukas erschienen, der dritte und vierte über die Evangelisten Johannes und Matthäus sind in Arbeit und erscheinen noch dieses Jahr. Die 152 Seiten starken Bücher sind nach dem 
Kirchenjahr-ABC aufgebaut und beginnen mit 
26 viersprachigen Texten und Bibelzitaten aus der liturgischen Praxis. Zu jedem Kapitel gibt es ein Ausmalbild für Kinder – oder auch für Erwachsene, da das konzentrierte Malen mit Buntstiften bekanntlich beruhigt und entspannt. Im zweiten Teil, im Buchschnitt in den Farben des Regenbogens koloriert, folgen 26 Fakten in einer gut leserlichen Typografie zu ganz unterschiedlichen Themen. Sie sind für Kinder gedacht und formuliert, aber auch für Ältere interessant. Da geht es z. B. um Superman, Barbie oder den iMac, um den Nordpol, Umweltverschmutzung oder das Fahrrad.

 Mit ihrem vielseitigen, lehrreichen Inhalt, der zugänglichen Pädagogik und der liebevollen Gestaltung eignen sich die kleinen Bücher hervorragend, um Kinder sinnvoll zu beschäftigen, sie spielerisch mit religiösen Themen vertraut zu machen, für Grosseltern, um ihren Enkeln vorzulesen, als attraktives Hilfsmittel für den Religionsunterricht, wo es bereits in einigen Pfarreien am Zürichsee eingesetzt wird, oder für die Chinder Chile. Erwachsenen bieten die Werke die Möglichkeit, sich auf eine angenehme, leichte Art mit den Evangelien auseinanderzusetzten, über kulturelle Grenzen hinweg zu kommunizieren und nebenbei die eigenen Sprachkenntnisse aufzupolieren.


Preisgekrönt

Der selbstlose, ehrenamtliche Einsatz der Autoren und des Illustrators und das eindrückliche Ergebnis blieben nicht unbemerkt. Für den ersten Band und ihren Beitrag zur Förderung der interkulturellen Pastoral wurden die Freiwilligen – die Gruppe nennt sich Insieme – von der Kommission Migration der Schweizerischen Bischofskonferenz SBK und der Dienststelle Migratio mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet. «Wir waren von der Initiative, der Arbeit und der Realisierung des Buches sehr angetan», schrieb Jean-Marie Lovey, der verantwortliche Bischof für Migration. Karl-Anton Wohlwend, Nationaldirektor von Migratio, überreichte den Preis im Oktober 2021 im Rahmen eines Gottesdienstes in Langnau am Albis. «Das hat uns sehr gefreut, ist es doch eine schöne Anerkennung für den grossen Einsatz der ehrenamtlichen Mitarbeitenden», sagt Don Gábor Szabó. Das Preisgeld von 3500 Franken wurde umgehend in die nächsten Bände investiert. Die Übersetzungen und der Druck des ersten Buches wurden mittels Spenden und einem Vorschuss der Freiwilligen der Projektgruppe finanziert. 

Text: Angelika Nido-Wälty