«Für die Männer im Gefängnis steht fest: Den Teufel gibt’s. Der hat sie ja zum Bösen verführt. Bei der Existenz Gottes sind sie sich weniger sicher.» So berichtete mir ein Gefängnisseelsorger und er meinte es durchaus auch humorvoll. Auch ich muss erst einmal lächeln, wenn andere ganz unbefangen vom Teufel reden. Als aufgeklärter Zeitgenosse und studierter Theologe sage ich mir: Luzifers Höllensturz, Pferdefuss und Schwefelgestank – das sind doch Schauermärchen von gestern. Der Teufel ist keine reale, sondern bloss eine mythische Figur.
Aber auch so hat er es in sich! Denn die Gestalt des Satans ist ja ein Versuch, die Erfahrung des Bösen sinnvoll auszudrücken. Menschen spüren zum Beispiel, dass vom moralisch Falschen manchmal eine eigenartige Anziehungskraft ausgeht – fast so, als würde ihnen ein Teufelchen ins Ohr flüstern. Sogar Jesus soll so eine Erfahrung gemacht haben: Matthäus und Lukas erzählen, dass ihm der Teufel erschien und nach seinen Schwachstellen suchte. Er zielte auf Jesu Eitelkeit als Gottessohn; er versprach ihm unbegrenzte Macht; er versuchte, Misstrauen gegen Gott zu säen. Alles ohne Erfolg: Jesus blieb sich treu.
In diesem Fall war der Auftritt des Widersachers unübersehbar. Im Normalfall präsentieren sich die so verlockenden wie schlechten Wahlmöglichkeiten aber viel subtiler. Davon erzählt höchst amüsant der irische Schriftsteller C. S. Lewis in seinem Klassiker «Dienstanweisung für einen Unterteufel»: Der erfahrene Versucher Screw-tape schreibt an seinen Neffen Wormwood, der erstmals einen Menschen vom rechten Weg abbringen soll. Sein Onkel empfiehlt ihm, sich Ungewissheit, Angst, geistige Stumpfheit und vor allem Eitelkeit zunutze zu machen. Der Unterteufel gibt sich alle Mühe, bleibt jedoch erfolglos. Sein «Patient» gelangt ins Himmelreich, und einmal mehr unterliegt am Ende das Böse.
Auch das gehört nämlich zur Figur des Teufels. Ob im «Faust» oder in Hollywood: Nie ist Satan Gott ebenbürtig; immer bleiben die himmlischen Mächte überlegen. Darum darf über den Fürsten der Finsternis auch gelacht werden – im Märchen (zum Beispiel «Der Teufel und der Bauer» oder «Der Teufel mit den drei goldenen Haaren») und stellenweise auch in der Bibel. Der im Alten Testament erwähnte Name «Beelzebub» bedeutet nämlich «Herr der Fliegen» – nicht gerade furchteinflössend.
Doch gerade wenn das Gute am Ende ohnehin siegt: Warum lässt der Himmel den Gehörnten dann gewähren? Warum gibt es überhaupt Schlechtes? Diese Fragen finden keine befriedigenden Antworten, ob man nun an den Teufel glaubt oder nicht. Mir bleibt nur übrig, das Übel in seinen vielfältigen Formen zu meiden und zu mindern. Dabei bin ich überzeugt: Kein Mensch ist der Teufel in Person. Wir sind von Grund auf gut.
Leserbriefe
In seinem Beitrag «Wo steckt der Teufel?» hat Jonathan Gardy auf die Überflüssigkeit der katholischen Kirche hingewiesen: Wenn der Teufel keine reale, sondern bloss eine mythische Figur ist bedeutet das, dass es kein Gericht gibt. Wenn es kein Gericht gibt, heisst das, dass es keine Sünde gibt. Und wenn es keine Sünde gibt, ist Christus umsonst in die Welt gekommen, denn eine sündlose Welt hat keine Erlösung nötig. Und wenn unser Herr Jesus umsonst gekommen ist, hat Er die Kirche umsonst gegründet. Und wenn Er sie umsonst gegründet hat, wird sie nicht gebraucht. Und wenn sie nutzlos ist, kann man sie abschaffen. Und wenn sie abgeschafft werden kann, wozu braucht es dann Theologen und das forum?
Arthur Meier, Zürich
«Der Teufel ist keine reale, sondern bloss eine mythische Figur», so die Aussage. Die Bibel, das Wort Gottes, sagt etwas anderes, zum Beispiel im Johannesevangelium 13,27. Eine weitere Aussage im Beitrag: «Wir sind von Grund auf gut.» Wenn der Mensch gut ist von Grund auf, bedarf es keiner Erlösung, keiner Versöhnung mit Gott durch Jesus Christus und keinen Sühnetod am Kreuz. Ist das die Lehre, die an den Hochschulen vermittelt wird – dann muss man sich nicht wundern, wenn sich die Kirchen leeren!
Robert Geisser, Rüschlikon