Ernsthafte Debatten entstehen

Deutscher Synodaler Weg 

Ernsthafte Debatten entstehen

Nach emotionalen Debatten an der vierten Vollversammlung des Synodalen Weges in Deutschland wurde ein Grundsatzpapier zur Sexualmoral abgelehnt, jenes zur Stellung von Frauen in der Kirche dagegen angenommen. 

60 Bischöfe sowie etwa 140 Laien, Ordensleute und Priester verabschiedeten am Schluss der vierten Vollversammlung am 10. September zum Teil weitreichende Vorschläge zur Änderung an der kirchlichen Lehre und Ordnung. Sie betreffen etwa die Stellung von Frauen und Transpersonen in der Kirche, die Sexualmoral, den Umgang mit homosexuellen Priestern und die künftige Leitungsstruktur der katholischen Kirche auf Bundesebene. Alle Texte, die Änderungen an der kirchlichen Lehre beinhalten, wurden als Vorschläge zur Prüfung durch den Papst formuliert und nicht als eigenmächtige dogmatische Änderungen durch die Synodalversammlung.


Bischofsminderheit blockiert

An einer Stelle kam der Prozess ernsthaft ins Stocken. Ausgerechnet zu Beginn, als ein umfassendes Grundsatzpapier zur Erneuerung der katholischen Sexualmoral verabschiedet werden sollte, brachte eine Sperrminorität von Bischöfen den Text zu Fall.

Nur 33 von 60 anwesenden Bischöfen stimmten mit Ja – zu wenig, um die von der Satzung vorgeschriebene bischöfliche Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Die Enttäuschung der so ausgebremsten Mehrheit war gross. Tränen flossen, Angehörige sexueller Minderheiten verliessen unter Protest den Raum in den Frankfurter Messehallen.


Redezeit verdoppelt

Aus dem Eklat zum Auftakt lernte das Tagungspräsidium schnell. Für die folgenden Debatten wurde die erlaubte Redezeit verdoppelt. Die Vertreter der konservativen Minderheit, darunter etliche Weihbischöfe «aus der zweiten Reihe», konnten ausführlicher und differenzierter ihre Bedenken vorbringen. Es entstand eine ernsthafte inhaltliche Debatte, in deren Verlauf sich einzelne Meinungen offenbar auch änderten.

Hinzu kam ein überraschendes Manöver, das der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, einführte: Vor jeder heiklen Abstimmung rief er die Bischöfe zu einer separaten 20-minütigen Beratung hinter verschlossenen Türen zusammen. Nach dieser von einem Teilnehmer ironisch als «Trainer-Ansprache in der Kabine» bezeichneten Unterbrechung kehrten die Bischöfe ins Plenum zurück – und in keinem Fall gab es danach eine blockadefähige Zahl von bischöflichen Nein-Stimmen.

Damit und durch einige grundsätzliche Redebeiträge im Plenum beeinflusste der bischöfliche Co-Präsident des Synodalen Wegs den Verlauf der Versammlung entscheidend. Es gelang ihm, die nach dem Eklat des ersten Tages aufgebrochenen Animositäten zu besänftigen. Er nahm auch konservative Mitbrüder gegen polemische Kritik in Schutz.


Wichtige Impulse

In den Debatten nahmen Redner und Rednerinnen der reformorientierten Mehrheit häufig Bezug auf Papst Franziskus. Kardinal Reinhard Marx, einer der «Erfinder» des Synodalen Wegs, betonte, dass der Papst eine «synodale Kirche» wolle und dass die Kirche in Deutschland auf diesem Weg weiter voranschreite.

Auch die Perspektive der weltweiten katholischen Kirche wurde häufig angeführt. Die im globalen Massstab der Kirche weitreichenden deutschen Reformvorschläge seien auch wichtige Impulse für die Kirche in anderen Kulturen und Ländern.


Austrittswelle stoppen

Zahlreiche Rednerinnen und Redner erinnerten an die hohe Zahl von Kirchenaustritten in Deutschland und äusserten die Vermutung, dass die Austrittswelle nicht ohne entschiedene Reformen gestoppt werden könne. Ein weiteres, oft gebrauchtes Argument war der sexuelle Missbrauch durch Kleriker. Man sei es den Opfern schuldig, die Lehre und Struktur der Kirche so zu verändern, dass solche Verbrechen nicht mehr vorkommen könnten.

Die Redner der konservativen Minderheit, unter ihnen einige Bischöfe und Weihbischöfe, warnten immer wieder vor Brüchen mit der überlieferten Lehre der Kirche und forderten eine Orientierung an der Lehre der Päpste von Johannes Paul II. bis Franziskus. 

Text: Ludwig Ring-Eifel, kath.ch