Farben im Licht

Ausstellung

Farben im Licht

Die Ausstellung im Landesmuseum zeigt die Schweizer Glasmalerei  in all ihren farbenreichen Facetten von ihrem Ursprung im Mittelalter über die Renaissance bis zur Gegenwart.

Der Glasmuster-Rahmen am Eingang zur Ruhmeshalle des Landesmuseums zieht die Besucherin umgehend in seinen Bann: Das Licht wird durch die 811 verschiedenfarbenen Glasstücke, welche die ganze Farbpallette abbilden, mehrfach gebrochen und sie erzeugen im Raum ein atmosphärisches Licht. Ein bezaubernder Einstieg für eine Reise durch die Geschichte der Schweizer Glasmalerei. Sie beginnt in Kirchen und Klöstern, in deren Inneren das durch die farbigen Fenster strömende Licht eine Wirkung erzeugte, von der die Menschen des Mittelalters wohl genauso ergriffen waren, wie wir es heute sind. In der Ausstellung zu sehen ist beispielsweise die «Flumser Madonna» aus dem 13. Jahrhundert – die älteste in der Schweiz erhaltene figürliche Glasmalerei.

In der Neuzeit wurde es in der Eidgenossenschaft üblich, dass Stifter bei dem Neu- oder Umbau eines Gebäudes die Kosten für die Gestaltung und Herstellung eines Fensters übernahmen. Im Gegenzug erhielten sie die Möglichkeit, ihr Wappen im neuen Fenster anbringen zu lassen. Auch die Vertreter der eidgenössischen Orte setzten ihre Wappen in Fenster von Ratsstuben, Wirtshäusern und Klöstern und gaben so erstmals einem eidgenössischen Nationalgefühl Ausdruck. 

Im 19. Jahrhundert griff der moderne Bundesstaat auf diese Tradition der Standesscheiben zurück und stiftete die Glasgemälde in der Ruhmeshalle des neu gebauten Landesmuseums (1898) oder in der Kuppel des Parlamentsgebäudes (1901). Auf Grund ihrer Herkunft vorbelastet, bleiben die Augen der Besucherin natürlich an den Standesscheiben von Uri diskret etwas länger hängen …

Bis heute bleibt die Glasmalerei eine vielbeachtete Kunst. Ein Beispiel sind die Glasfenster im Zürcher Grossmünster. Zu den bereits vorhandenen Glasmalereien im Chor von Augusto Giacometti aus dem Jahr 1933 kamen 2009 die Glasgemälde von Sigmar Polke im Langhaus. Für deren Herstellung verwendete der Künstler verschiedene neue Techniken. (Das forum 22/2009 berichtete in einer Repor-tage.) In der Ausstellung sind die nach Sigmar Polkes Entwürfen ausgeführten Musterglasplatten ausgelegt.

Grundlegendes hat sich allerdings am Arbeitsprozess zur Herstellung eines Glasgemäldes über die Jahrhunderte nicht geändert. Unzählige Arbeitsschritte sind nötig, um vom Entwurf über die Auswahl und das Schneiden des farbigen Glases zum fertigen, mit Bleiruten verlöteten Glaskunstwerk zu gelangen. So zeigt die Ausstellung neben über 90 Glaskunstwerken auch altes Werkzeug aus dem Glasmaleratelier Halter in Bern. Lötkolben, Bleiprofile und ein tragbarer Brennofen geben Einblicke in eine aufwendige Technik.

Die Resultate faszinieren bis heute – und so tritt die Besucherin auch entsprechend zögerlich wieder in den grellen Sonnenschein des Museumvorplatzes.

Text: Pia Stadler