Konflikt um Eucharistiefeier

Bistum Chur

Konflikt um Eucharistiefeier

Bischof Joseph Bonnemain hat eine «kanonische Voruntersuchung» eröffnet gegen zwei Seelsorgerinnen, zwei Priester und einen Diakon. Eine Chronologie der bisherigen Ereignisse.

Monika Schmid, Gemeindeleiterin der Pfarrei St.  Martin in Illnau-Effretikon, sagte jüngst öffentlich, dass sie Eucharistie feiere – ein Sakrament, dessen Feier in der römisch-katholischen Tradition dem Priester vorbehalten ist. Beim Abschiedsgottesdienst anlässlich ihrer Pensionierung betete sie einen Teil des Hochgebets während der Eucharistiefeier. Bischof Joseph Bonnemain eröffnete daraufhin eine kanonische Voruntersuchung gegen sie und gegen jene Theologinnen und Theologen, die der Messfeier vorstanden. Der Verstoss gegen kirchenrechtliche Bestimmungen könnte für die Involvierten Konsequenzen haben, die ihre Möglichkeiten betreffen, seelsorgerliche Dienste auszuüben bzw. Sakramente zu feiern.


Offenlegen, was ist

Der «Landbote» veröffentlichte am 9. August anlässlich Monika Schmids Abschied das Interview «Man muss von unten einfach machen». Darin sagt die Seelsorgerin, dass sie Abendmahl feiere, ohne danach zu fragen, ob sie dazu die Erlaubnis habe. Für das in Oberösterreich ansässige Webportal kath.net war das der Anlass für den Text «Tohuwabohu im Bistum Chur: Liturgiemissbrauch und Messsimulationen durch Gemeindeleiterin». Das Portal kath.ch nahm das Thema auf, worauf kath.net reagierte mit «Wehrt und vernetzt Euch!» und einen Aufruf startete, «unrechtmässiges Verhalten» in der Liturgie «zur Anzeige» zu bringen. 

Am 23. August publizierte Raphael Rauch auf kath.ch den Beitrag «Monika Schmid feiert Eucharistie, sieht sich aber nicht als katholische Priesterin», bald konterte kath.net: «Bistum Chur möchte zum Eklat von Monika Schmid schweigen: ‹Kein Thema für eine mediale Diskussion›?»

Erst danach, am 28.  August, fand der Abschiedsgottesdienst von Monika Schmid statt und wurde in einer Reportage mit Filmmaterial von kath.ch dokumentiert. Monika Schmid steht dabei am Altar und spricht einen Teil des Hochgebets. Kath.ch zog das Thema weiter und zitierte den Wiener Professor Hans-Jürgen Feulner «Liturgie-Experte über Monika Schmids Konzelebration: ‹Der Bischof muss jetzt einschreiten›». 


In der Pflicht, zu reagieren

Am 2. September meldete sich der Bischof mit einem Communiqué zu Wort – ohne vorher mit Monika Schmid und den weiteren im Gottesdienst an der Liturgie Beteiligten persönlich gesprochen zu haben. Er schreibt: «Als Diözesanbischof habe ich die Pflicht, zu den Ereignissen der letzten Wochen in Zusammenhang mit der Pensionierung der Seelsorgerin der Pfarrei St.  Martin, Illnau-Effretikon, zu reagieren. Aufgrund der Tragweite dieser Vorfälle habe ich bewusst nicht unmittelbar gehandelt. In einer solchen Situation ist es wichtig, eine angemessene Vorgehensweise sorgfältig abzuwägen. Die Komplexität des stattgefundenen liturgischen Missbrauchs erfordert die Eröffnung einer kanonischen Voruntersuchung. Die Ergebnisse dieser ersten Abklärung bilden die Grundlage für allfällige, weitere Massnahmen. Zudem werden sie zeigen, ob es sich dabei um Vergehen handelt, deren Beurteilung dem Dikasterium für die Glaubenslehre vorbehalten sind und demzufolge dorthin gemeldet werden müssen.»

Die Reformgruppen «Voices of Faith» und «Maria 2.0» lancierten online eine Solidaritäts-Petition, und im Interview mit kath.ch schaltete sich der ehemalige Abt von Einsiedeln, Benediktinermönch Martin Werlen, ein. Er bot an, zu vermitteln: «Die Schnittmengen von Monika Schmid und Bischof Joseph Bonnemain sind viel grösser als das Trennende. Beide wollen eine lebendige Liturgie und dass die Menschen vom Evangelium begeistert werden.» Werlen geht davon aus, dass Bischof Bonnemain die kanonische Voruntersuchung eröffnen musste, weil der mediale Druck hoch war und das bisherige Kirchenrecht dies verlangte. «Dabei lehrt uns Franziskus andere Wege: Es ist wichtig, zuzuhören, aufeinander zuzugehen, einander verstehen zu wollen – um dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Diese Vorgehensweise muss erst noch Eingang ins Kirchenrecht finden.» 

Text: pd/kath.ch/bl/vej